Für ein besonderes Projekt macht sich die Denkmalpolitikerin Sabine Weigand mit ihrer Landtagskollegin Kerstin Celina, begleitet von den örtlichen Grünen, auf nach Zell am Main und an die Baden-Württembergische Grenze in die Stadt Aub.
An der Baden-Württembergischen Grenze
Am Mittwoch, den 28. Juni machte sich zwei Vertreterinnen des Landtags und eine Handvoll örtlicher Grüner auf nach Aub. Die Kommune mit rund 1400 Einwohnerinnen und Einwohnern hat sich entschieden, mit ihrem historischen Kern ganz auf Innenentwicklung zu setzen – trotz, oder vielleicht gerade wegen der vielen Denkmäler. Aub hat mit schwindenden Einwohnerzahlen zu kämpfen und muss mit Neubaugebieten in der Gegend konkurrieren. Die Stadt selber weist jetzt erstmals seit vielen Jahren wieder ein Neubaugebiet aus.
Doch Bürgermeister Roman Menth und seine Stadt haben den Willen „Denkmal zu leben“ und können dadurch und mit ihrem besonderen Konzept Vorbild sein. „Menschen brauchen ein Vorbild und Aub ist ein Vorbild in Sachen praxisnaher Denkmalschutz,“ lobt Weigand die Kommune.
Nachdem die Grundlage mit einem Integrierten Städtebaulichen Konzept (ISEK) gelegt wurde, sattelt die Kommune 2020 ein sogenanntes Kommunales Denkmalkonzept (KDK) drauf. Ziel ist es, wieder Leben in den Ort zu bringen. Die leerstehenden Denkmäler werden im Rahmen des Projekts digital vermessen und bekommen ein Nutzungskonzept (inklusiver Visueller Planung) als Basis für mögliche Käufer. Auch ein Finanzierungskonzept, welches Fördermöglichkeiten, aber auch steuerliche Vorteile berücksichtigt, wird erstellt. Bislang konnten so vier Denkmäler im Rahmen des Projekts AUF.MASS präsentiert werden. Eines steht kurz davor umgesetzt zu werden.
Aber auch die Hürden wurden angesprochen: Die Förderzusagen durch den Entschädigungsfonds dauern zu lange (bis zu 2 Jahre), der Wohnkomfort lässt sich nicht in jedem Denkmal heben, mangelnde Parkplätze und Gärten machen Denkmäler in der Ortsmitte oft auf den ersten Blick unattraktiv und die Finanzierung ist oft komplex.
Doch Aub versucht nicht nur die Herausforderungen, sondern insbesondere die Vorteile und Lösungen zu sehen, und bewertet seine Denkmäler als Vorteil. „Diese Stadt ist ein Traum“, findet Kerstin Celina. Sabine Weigand schließt sich an: „In Aub könnten sich viele andere Kommunen ansehen und Rat holen, wenn sie unsicher sind, wie sie mit ihrer Denkmalsubstanz in den Ortskernen umgehen sollen. Das ist ein guter, vorbildlicher Weg, der auch anderswo zum Erfolg und zur Rettung von historischer Substanz führen kann.“
„In Aub könnten sich viele andere Kommunen ansehen und Rat holen, wie sie mit ihrer Denkmalsubstanz in den Ortskernen umgehen sollen.“
Sabine Weigand
Vom Wein zum Bier zum Sanierungsfall
Im Rahmen der Denkmaltour 2023 besuchte eine Gruppe rund um die Landtagsabgeordneten Sabine Weigand und Kerstin Celina Zell am Main. Die örtlichen Grünen hatten eingeladen, weil es um die Rettung eines ganz besonderen Denkmals geht: 1744 errichtete der bekannte Barock-Baumeister Balthasar Neumann in Zell ein prächtiges Palais für den Weinhändler Andreas Wiesen. Neumann, der von 1720 bis 1744 die Würzburger Residenz geplant hatte, stattete das Weinhändlerpalais mit eigener Anlegestelle am Main und einem figurengeschmückten Terrassengarten aus. Lange sei die Geschichte des Gebäudes vergessen gewesen, erzählt Dr. Christian Naser. Der Wissenschaftler arbeitet am Würzburger Institut für deutsche Philologie und schrieb ein Buch über das Weinhändlerschloss, das aktuell ein Sanierungsfall ist.
Nach dem Pfälzischen Krieg, als wegen der Verwüstungen die Pfalz als Weinlieferant ausfiel, füllte die Main-Tauber-Region die Lücke. In dieser fränkischen Blütezeit des Weinanbaus im 18. Jhd. ließen sich die Weinhändler in Zell herrschaftliche Wohnhäuser bauen und mit prächtigen Gärten und Häfen zum Main hin ausstatten. Leider ist von den meisten nicht mehr viel zu erkennen. Das Palais von Balthasar Neumann zeugt trotz seines schlechten baulichen Zustands aber noch von der vergangenen Pracht. Im Garten sind bei Probegrabungen sogar Teile der früheren Gestaltung, eines Barockbrunnens mit Grotte, entdeckt worden:„Wie in der Villa d´Este – Tivoli in klein.“, so Sabine Weigand.
Nun hoffen die Beteiligten, allen voran Entdecker Christian Naser, durch ein Grabungskonzept mehr über die Gestaltung des Gartens herauszufinden.
Das Palais, in dem in späteren Zeiten u.a. eine Brauerei ihre Heimat gefunden hat, dient Inzwischen als Wohnhaus. Das Gebäude lässt viele alte Details noch erkennen, muss aber dringend saniert werden. Zum Beispiel setzt Wasser den Gewölbekonstruktionen zu, deren Strukturen sich – auch eine ganz neue Erkenntnis – in der Würzburger Residenz wiederfinden. Leider hat die Kommune, wie Bürgermeister Joachim Kipke erläuterte, nur beschränkte finanzielle Mittel. Doch die Kombination des Palais mit dem Bodendenkmal im Garten und die direkte Verbindung zum Bau der Residenz lässt hoffen, dass es von staatlichen, evtl. auch Bundesfördermitteln profitieren kann. Denn der herausragende Barockbaumeister Neumann, die enge Verknüpfung des Baus mit der Würzburger Residenz und dem Weinhandel im 18. Jahrhundert mit Verbindung zu Frankfurt als Umschlagplatz ließe sogar eine nationale Bedeutung der Anlage erkennen.
„Es wäre jammerschade, wenn sich hier nicht eine gute Förderkulisse aufstellen ließe und das Palais weiter verfallen müsste“
Sabine Weigand
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